Bittere Wunden: Thriller (German Edition) by Karin Slaughter

Bittere Wunden: Thriller (German Edition) by Karin Slaughter

Autor:Karin Slaughter
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-09-01T22:00:00+00:00


15. KA­PI­TEL

Ge­gen­wart

SUZAN­NA FORD

Zanna schreck­te aus dem Schlaf hoch. Sie konn­te sich nicht be­we­gen. Sie konn­te nicht se­hen. Sie konn­te kaum schlucken. Sie dreh­te den Kopf hin und her. Über ih­rem Ge­sicht lag ein Kis­sen. Sie lag auf dem Rücken in ei­nem Bett.

Sie ver­such­te, um Hil­fe zu ru­fen, aber ihre Lip­pen be­weg­ten sich nicht. Das Wort blieb ihr im Hals stecken. Sie ver­such­te es noch ein­mal.

»Hil­fe …«

Sie hus­te­te. Ihre Keh­le war staub­trocken. Die Au­gen poch­ten in ih­ren Höhlen. Jede Be­we­gung jag­te ihr Schmer­zen durch den Kör­per. Sie sah nichts. Sie wuss­te nicht, wo sie war. Al­les, wor­an sie sich er­in­nern konn­te, war der Mann.

Der Mann.

Die Ma­trat­ze be­weg­te sich, als er auf­stand. Sie wa­ren nicht mehr im Ho­tel. Das lei­se Rau­schen des In­nen­stadt­ver­kehrs war er­setzt wor­den durch zwei Ge­räusche. Das ers­te war ein Sum­men – wie von der Ge­räusch­kas­set­te, die sie ih­rer Großmut­ter ir­gend­wann ein­mal zu Weih­nach­ten ge­schenkt hat­te. Es klang wie eine stän­di­ge Be­schwich­ti­gung.

Pscht, mei­ne Klei­ne … schlaf schön ein …

Das an­de­re Ge­räusch war schwie­ri­ger zu iden­ti­fi­zie­ren. Es klang ver­traut, aber so­bald sie es be­nen­nen woll­te, ver­än­der­te es sich. Ein Pfei­fen. Nicht wie das ei­nes Zu­ges. Eher wie Luft, die durch einen Tun­nel feg­te. Einen Tun­nel, der un­ter Was­ser hin­durch­führ­te. Eine pneu­ma­ti­sche Röh­re.

Das Ge­räusch kam nicht re­gel­mäßig. Es ver­stärk­te ihr Ge­fühl, sich nicht in ih­rem Kör­per zu be­fin­den. Sich über­haupt ir­gend­wo zu be­fin­den. Sie wuss­te nicht ein­mal, ob sie noch in At­lan­ta war. Oder in Ge­or­gia. Oder in Ame­ri­ka. Sie hat­te kei­ne Ah­nung, wie lan­ge sie be­wusst­los ge­we­sen war. Sie hat­te kein Ge­fühl mehr für Zeit und Raum. Sie kann­te nichts mehr au­ßer ban­ger Er­war­tung.

Der Mann mur­mel­te wie­der. Da war noch ein Ge­räusch – das ei­nes Was­ser­hahns, der auf­ge­dreht wur­de. Das von Was­ser, das in eine Me­tall­schüs­sel plät­scher­te.

Zan­nas Zäh­ne fin­gen an zu klap­pern. Sie woll­te Meth. Sie brauch­te Meth. Ihr Kör­per ver­krampf­te sich. Gleich wür­de sie die Be­herr­schung ver­lie­ren. Sie wür­de an­fan­gen zu schrei­en. Viel­leicht soll­te sie schrei­en. Viel­leicht soll­te sie so laut schrei­en, dass er sie töten muss­te, denn sie zwei­fel­te nicht dar­an, dass der Mann ge­nau das tun wür­de. Die Fra­ge war nur, durch wel­che Höl­le er sie zu­vor führen wür­de.

Ted Bun­dy. John Way­ne Gacy. Jeffrey Dah­mer. Ri­chard Ramírez, der Nightstal­ker. Gary Ridg­way, der Green Ri­ver Kil­ler.

Zan­na hat­te je­des Buch ge­le­sen, das Ann Rule ge­schrie­ben hat­te, und wenn es kein Buch gab, dann gab es eine Fern­seh­do­ku­men­ta­ti­on oder eine In­ter­netsei­te oder sonst ir­gen­det­was, und sie er­in­ner­te sich an je­des gräss­li­che De­tail zu je­dem sa­dis­ti­schen Spin­ner, der je eine Frau zum Zweck sei­nes ei­ge­nen dä­mo­ni­schen Ver­gnü­gens ent­führt hat­te.

Und die­ser Mann war ein Dä­mon. Dar­an war kein Zwei­fel. Zan­nas El­tern hat­ten auf­ge­hört, in die Kir­che zu ge­hen, als sie noch ein Kind ge­we­sen war, aber sie hat­te lan­ge ge­nug in Ro­swell ge­lebt, um sich noch an Lied­zei­len und Bi­bel­tex­te er­in­nern zu kön­nen. Der Mann mur­mel­te Ge­be­te, und er fleh­te Gott um Ver­ge­bung an, aber Zan­na wuss­te, dass nie­mand ihn hör­te au­ßer dem Teu­fel höchst­per­sön­lich.

Das Was­ser wur­de ab­ge­dreht. Zwei Schrit­te, dann war er wie­der an ih­rem Bett. Sie spür­te sein Ge­wicht, als er sich ne­ben sie setzte.



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